"Der
unsichtbare Schnitt"
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Die Erzählung einer Filmgeschichte geschieht dann besonders intensiv, wenn dem Zuschauer die offensichtliche Tatsache, dass es sich eben nur um einen Film handelt so wenig wie möglich bewusst wird. Dieser Aufgabe widmet sich die bis heute gängigste Erzählform – die Hollywood Continuity.
Der Begriff Continuity (Anschluss, Kontinuität) bezieht sich
dabei auf zwei Kernbereiche: Den bildlichen Anschluss während der Handlung und
der geplanten Montageform.
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"Anschluss/Kontinuität
im Handlungsbild":
Mit Anschluss im Handlungsbild sind visuelle Gegebenheiten gemeint, die sich während der Dreharbeiten ungeplant verändern und im darauffolgenden Schnitt zum erheblichen Problem werden können.
Beispiel:
Während einer Dialogszene wird zwischen zwei Protagonisten
abwechselnd geschnitten. Verändert sich zwischen einer der Schnittbilder die Anordnung der Haarfrisur eines Protagonisten, die Art wie ihre Kleidung fällt, Position
von Objekten im Raum oder die Lichtverhältnisse, ohne, dass es Hinweise darauf
gibt, die eine solche Veränderung erklären würden, so wird die Illusion der
Erzählung in Echtzeit gebrochen.
Durch das zur Regieabteilung zugehörige Personal für Script/Continuity wird bereits am Set versucht, solche und ähnliche Anschlussfehler zu vermeiden.
Nichtsdestotrotz bleiben selbst Filmklassiker, bei denen es an Regiepersonal
wohl kaum gefehlt hat, selten vor kleinen Continuity-Fehlern verschont. Klar
ist, dass kleine Fehler schnell vom Verstand verziehen oder in erster Linie gar
nicht erst aufgefasst werden. Dennoch ist der Grad zwischen Details die nicht auffallen und denen die direkt ins Auge springen ein sehr schmaler, daher sollten diese Fehlerquellen stehts aufmerksam überwacht bleiben.
Filmbeispiele: Continuity-Fehler während der Handlung
(Objekt im Hintergrund verschwindet im Schnittverlauf) |
(Lichtschwert verändert sich beim Schuss-Gegenschuss) |
(Der gefesselte Han Solo verliert beim Schnitt seine Weste) |
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"Montageform" - Regeln der Continuity:
Die Hollywood-Continuity ist jedoch noch viel mehr als das
passende Lichtschwert, Kostüm oder Make-Up. Bezüglich der Montageform haben
sich im Laufe der Filmgeschichte diverse Continuity-Regeln etabliert, die dem
Zuschauer ein möglichst einfaches und unbewusstes Verständnis der
Filmgeschichte ermöglichen, sodass der Eindruck eines ununterbrochenen
Geschehens entsteht. Diese Regeln werden sinngemäß unter dem Begriff
unsichtbarer Schnitt (auch "découpage classique", "continuity editing") zusammengefasst. Im
folgenden Abschnitt wird anhand von Beispielen auf diese, für die Continuity essentiellen, Methoden eingegangen.
"Establishing Shot" (dt. Einspieler/Eröffnungsszene)
Als "Establishing Shot" wird eine Aufnahme, meist Totale, zu
Beginn des Films oder einer Sequenz bezeichnet, die dem Zuschauer eine
Vorstellung von Raum und Umgebung ermöglicht. Damit dient er der räumlichen und
zeitlichen Orientierung. Ein "Establishing Shot" ist besonders wichtig, wenn
Protagonisten im Sequenzverlauf miteinander interagieren sollen oder es sich um
einen bekannten Schauplatz wie einer berühmten Weltstadt handelt; hiermit wird die eindeutige Zugehörigkeit zum Handlungsort hergestellt.
Stufenweiser Übergang
von Einstellungsgrößen
Prinzipiell sollte bei einem unsichtbaren
Schnitt immer stufenweise, nicht aber
wiederholt zwischen äußerst unterschiedlichen Einstellungsgrößen,
beispielsweise einer Halbtotalen und einem Detail, geschnitten werden. Wird
diese Regel nicht eingehalten, so ergibt sich schnell eine orientierungslose
Wirkung und der Zuschauer kann die gezeigten Bilder nicht mehr unbewusst
zuordnen beziehungsweise diese miteinander verbinden.
180°
Regel: Achsensprungverbot
Eine der wohl bekanntesten und zugleich auffälligsten
Richtlinien der Continuity Montage ist das Verbot des Achsensprungs. Zwischen
den Protagonisten einer Handlung entsteht eine Handlungslinie die das Umfeld in
zwei Achsen à 180° teilt. Wird eine der beiden Seiten als Kameraposition
gewählt, so darf die Handlungslinie nicht mehr ohne weiteres überschritten
werden, anderenfalls tritt Desorientierung durch Seitenverkehrung innerhalb der
Bildfläche auf. Eine Überschreitung ist erst dann wieder problemlos
möglich, wenn ein Zwischenbild, häufig eine Totale oder ein Detail Spiel zur
Neuorientierung gibt und das Seitenverhältnis auflockert.
Seit dem Kino der 1960er Jahre wurde das bewusste Brechen
dieser Continuity Regel in geeigneten Handlungsmomenten als Stilmittel immer populärer. Ein klassisches Filmbeispiel für den Achsensprung findet sich
in Stanley Kubrick’s "The Shining (1980)". Die offensichtlich erzeugte Handlungslinie
zwischen Jack Torrance und Delbert Grady wird während einer Dialogszene in
einem Badezimmer mehrfach eindeutig überschritten. Es resultiert ein zweiseitiger Eindruck, die Jack und Delbert’s gegensätzliche Aussagen verbildlichen.
Ein ähnlicher Anwendungszweck fand der Achsensprung in eine
der Schlüsselszenen von "American Beauty (1999)". Der sich in der Midlife
Crisis befindliche Lester Burnham ist seinem Ziel mit der wesentlich jüngeren Freundin seiner Tochter zu schlafen zum Greifen nahe. Während dieser Szene
unterteilt der Achsensprung die Handlung in Vernunft und Verführung, bei der
schließlich durch einen erneuten Sprung die Vernunft gewinnt.
Besonders gut funktioniert der Achsensprung als Stilmittel
für die Darstellung von Wahrnehmungsstörungen und schizophrene
Persönlichkeiten. In "Requiem For A Dream (2000)" unterstreichen
desorientierende Achsensprünge gelegentlich die Stimmung von vier
Drogenabhängigen. Peter Jackson zeigte durch den Monolog der Figur Gollum aus
der "Lord of the Rings" Franchise, wie gut sich das Missachten der 180° Regel zum Visualisieren zweier
Persönlichkeiten eignen kann.
30-Grad-Regel
Grundsätzlich sollte bei der Montage von Nachbaraufnahmen
eine offensichtliche Differenz zwischen ihren Kamerawinkeln, Bildausschnitten
und Kameradistanzen bestehen, damit der Schnitt paradoxer Weise als "unsichtbar" gilt. Die 30-Grad-Regel besagt, dass sich (1) die Kameraposition
bei gleicher Distanz und Bildausschnitt um mindestens 30 Grad verschoben werden
muss. (2) Bleibt die Kamera an der gleichen Position muss sich der Bildwinkel
der Optiken um mindestens 30° verändern. (3) Soll die Kamera auf gleicher Achse
und einem Bildwinkel, der sich nicht um 30° unterscheidet bleiben, so muss
zumindest die Distanz zum Objekt ausreichend erhöht werden.
Wird die 30-Grad-Regel nicht berücksichtigt entsteht der Eindruck
eines sprunghaften harten Schnittes (siehe: Jumpcut).
Coverage Verfahren
Längere Aufnahmen werden im Continuity-Film gerne mit Hilfe
des "Coverage Systems" aufgelöst. Dabei wird mit drei oder mehreren Kameras
gleichzeitig gedreht, wobei eine Kamera als "Master Shot" die Gesamthandlung
meist als Halbtotale aufzeichnet und so als Grundgerüst der Sequenz, in das jeweilige Zwischenbilder geschnitten werden, fungieren
kann. Im Schnittbereich entsteht infolgedessen viel mehr Spielraum zwischen
Master Shot und den Zwischenbildern der anderen Kameras zu wechseln, zugleich
ist garantiert, dass jedes handlungsrelevante Detail filmisch abgedeckt ist.
Ein weiterer entscheidender Vorteil ist die Schnelligkeit und dementsprechend
der ökonomisch effizientere Aspekt mit dem bei diesem Verfahren zu rechnen
ist.
Schuss-Gegenschuss(-Montage)
Dabei wird, typischerweise in Dialogen, zwischen zwei Kameras
hin- und hergeschnitten, die jeweils einen der beiden Protagonisten zeigen. Es
ist üblich die Schulter desjenigen anzuschneiden, der nicht im Bildfokus liegt
um die Verbindung der beiden Gesprächspartner zu verdeutlichen. Natürlich ist
ein Achsensprung im Sinne der Continuity dabei ausgeschlossen, zusätzlich muss
die Blickachse beider Akteure genau beachtet werden, um zu vermeiden, dass sie
gefühlt aneinander vorbeischauen.
Anschluss: Auftritt/Abtritt
Die Auftritt/Abtritt Regelung legt im Continuity System fest
wie Figuren im Bild auftreten und zwischen Einstellungen wechseln können:
- Hat eine Figur im ersten Bild die Bühne nach rechts verlassen, betritt sie
den Bildraum in der folgenden Einstellung von links
- verlässt eine Figur in der ersten Einstellung das Bild, kann sie im zweiten schon zu Beginn auftreten
- ist die Figur am Ende des ersten Bildes zum Wechsel noch zu sehen, muss sie das zweite Bild betreten
- verlässt eine Figur in der ersten Einstellung das Bild, kann sie im zweiten schon zu Beginn auftreten
- ist die Figur am Ende des ersten Bildes zum Wechsel noch zu sehen, muss sie das zweite Bild betreten
Einer der Pioniere, die den unsichtbaren Schnitt bis an die
Spitze trieben, war Alfred Hitchcock mit seinem Film "Rope" (Cocktail für eine
Leiche, 1948). Sein Ziel war es einen Film zu erzählen, ohne dass dabei die
Aufmerksamkeit des Zuschauers durch einen Schnitt unterbrochen werden würde. Da
die Filmrollen nur maximal 10 Minuten Material aufnehmen konnten, musste
Hitchcock Möglichkeiten finden die notwendigen Schnitte zu vertuschen.
Hauptsächlich gelingen ihm diese Übergänge durch starke Nahaufnahmen auf
unbewegte Objekte, dessen darauffolgende Einstellung mit einem identischen Bild
beginnt. Es entstand ein einzigartiger Filmklassiker der vielen der heutigen
Long-Take-Filme und Plansequenzen den Weg bahnte.
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Fazit
Die Hollywood-Continuity als Erzählform ist kurzgesagt der
Grund dafür, dass wir Filme so unbeschwert und intensiv mitverfolgen können.
Ohne die sich nach unseren Sehgewohnheiten richtenden Regeln würde unsere
Anteilnahme am Handlungsgeschehen wesentlich geringfügiger ausfallen. Zwar
garantiert das Einhalten der diversen Continuity-Vorschriften einen
funktionierenden Film; eine wirklich interessante Kombination entsteht
allerdings dann, wenn es Regisseuren gelingt einzelne Regeln kreativ in inhaltlich sinnvollen Momenten
zu brechen. Hierbei wird der Zuschauer mit einer dem Auge unbekannten
Szenenauflösung konfrontiert, die ihn zugleich aktiver mit einbeziehen kann.
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Filmcredits:
Star Wars Episode 4-6, George Lucas
The Shining (1989), Stanley Kubrick
American Beauty (1999), Sam Mendes
Requiem For A Dream (2000), Darren Aronofsky
The Hunger Games (2012), Suzanne Collins
Autor Blogpost:
Felix Schuster
912830
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Filmcredits:
Star Wars Episode 4-6, George Lucas
The Shining (1989), Stanley Kubrick
American Beauty (1999), Sam Mendes
Requiem For A Dream (2000), Darren Aronofsky
The Hunger Games (2012), Suzanne Collins
Autor Blogpost:
Felix Schuster
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