Mittwoch, 22. Februar 2017

360°-Kamerafahrten


360° Kamerafahrt



Bei einer 360° Kamerafahrt, auch Kreisfahrt, Umfahrt oder Ballhaus-Kreisel genannt, umkreist die Kamera ein in der Mitte stehendes Objekt oder Schauspieler.





360° Fahrten werden grundsätzlich verwendet um Dinge oder Darsteller in den Mittelpunkt der Wahrnehmung zu setzen, zudem enthüllen sie weitere Komponente des Bildbereiches und geben dem Betrachter die Möglichkeit sich eine bessere Orientierung innerhalb des Raumes zu verschaffen. Folglich kommt im informativen Film der Umfahrt ein erklärenden Charakter zu, während sie im emotionalen eher dramatisierend wirkt. Letztendlich wird eine intensivere Teilnahme am Geschehen suggeriert.


Bedenkt man die technische Umsetzung, besteht die Herausforderung einer Kreisfahrt darin, eine konstante Bewegungsgeschwindigkeit sowie feste Distanzen im Bild zu erhalten. Kompliziert ist es, Kreisfahrten mittels einer hand-hold Kamera zu lösen. Aus diesem Grunde kommen bei derartigen Fahrten hauptsächlich Dollys oder Steadycams zum Einsatz. Diese Regelung ist allerdings nicht auf alle 360°-Fahrten übertragbar. Kreisfahrten bewegen sich gelegentlich auch auf oder weg von ihrem Objekt, werden in unterschiedlichen Höhen manövriert oder verändern ihren Schärfenbereich. Typischerweise steht das zentrierte Objekt relativ still, während die Kamera es mindestens in einem Viertel-, Halb- oder vollständigem Kreis umfährt.


Mehr als geprägt wurde diese stilisierte Kamerabewegung wie von keinem anderen, als dem deutschen Kameramann Michael Ballhaus. Die Technik einer 360°-Fahrt wurde zwar 1966 von dem französischen Regisseur Claude Lelouche erfunden, doch erst Ballhaus machte sie von 1974 an populär, als er sie erstmals in Fassbinders Film Martha anwendete. Fassbinder ließ innerhalb des Films das Duo Margit Carstensen und Karl-Heinz Böhm während ihrer ersten Begegnung zusätzlich noch einmal um sich selbst drehen, somit entstand der Eindruck eines Strudels. Ballhaus arbeitete für einige weitere Filmprojekte eng mit dem Regisseur Rainer Werner Fassbinder zusammen und die berüchtigte 360°- Fahrt sollte zu ihrem Markenzeichen werden. Viele der Filme Fassbinders sind geradezu für die Kamera choreografiert. In einem Interview mit der „Zeit“, sagte Ballhaus sogar einmal:

„Wir waren so begeistert davon, dass wir den Effekt in einem der nächsten Filme, in gemolken haben. Da wollten wir nur noch im Kreis rumfahren. Es hatte keinen Inhalt mehr. Es sah nur noch schick aus.“ 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen