Montag, 8. August 2016

Expsotion und Establishing Shot

 

 

Exposition

 

 

Einleitung

Der Begriff Exposition lässt sich aus dem lateinischen expositio ableiten und bedeutet soviel wie Darstellung oder Darlegung. Im Bereich der filmischen Erzählung sind hiermit meistens die ersten 30 Minuten eines Films gemeint. In diesen soll der Zuschauer an den Ort der Handlung und dessen Zeit, sowie an die Beziehungsverhältnisse zwischen den Protagonisten und dessen Charaktere herangeführt werden.
Warum sind diese ersten 30 Minuten so relevant? Um dies zu beantworten werde ich im Folgenden zunächst auf die theoretischen Grundlagen der Exposition eingehen,bei denen ich mich insbesondere auf die Arbeit von Syd Field beziehe und somit auf das Drei Akt Paradigma der Spielfilmdramaturgie.
Um dessen Definition zu untersuchen, werde ich zwei Filme bezüglich ihrer Exposition analysieren. Meine Schwerpunkte liegen hierbei auf der Narration insbesondere auf der Erwartungshaltung des Zuschauers. Des Weiteren liegt mein Fokus auf der Bildanalyse. Hierbei werde ich mich unter anderem auch auf den Establishing Shot beziehen, welcher durch Montage gestärkt auch in Sequenzen zu betrachten ist.
Die analysierten Filme sind zum einen der Klassiker der Hollywood Continuetie „Gone with the Wind“ von Victor Fleming, sowie de postmoderne Film „Lost in Translation“ von Sofia Coppola.


Theoretische Grundlagen

Das 3 Akt Paradigma nach Syd Field besteht im Grunde aus der Exposition, dem Plot Point 1, der Konfrontation, dem Plot Point 2 sowie der Auflösung. Nach Field besitzt also jede filmische Narration bzw. jedes Drehbuch, einen Anfang( ersten 30 Seiten), einen Mittelteil
(die weiteren 60 Seiten) sowie ein Ende (restlichen 30 Seiten). Da eine Drehbuchseite einer Filmminute entspricht lassen diese ersten 30 Seiten sich auch als die ersten 30 Minuten eines Films begreifen.


Siehe Abb.1




Paradigma nach Syd Field





Den Ablauf der Exposition beschreibt Syd Field wie folgt:


Der Anfangsteil beginnt mit der Eröffnungsszene oder -sequenz und reicht bis zum ersten Plot Point am Ende des ersten Akts.“2


Des weiteren beschreibt Field die Exposition als Einheit (den 1. Akt), die ebenfalls untergliedert ist in Anfang, Mitte und Ende . Hier liegt die Gewichtung auf dem Ende der Exposition ( 20bis 25 Drehbuchseiten) und dem abschließendem Plot, Point 1.
Dieser stellt ein Ereignis oder eine Episode dar, die der Handlung eine neue Wendung gibt. Wie bereits in der Einleitung erwähnt werden in diesem ersten Akt die Figuren, der Handlungsort sowie die Situationen bzw. Umstände der Akteure vorgestellt.
Auf den ersten Plot Point folgt die Konfrontation, welche sich dadurch kennzeichnet, dass die Hauptfigur/en auf Hindernisse stößt/stoßen, welches ihnen erschwert ihr „dramatisches Bedürfnis zu erfüllen. Darauf folgt schließlich die Auflösung der Handlung. Thomas Kuchenbuch beschreibt die Einleitung eines Films als „erregenden Moment“ bzw. als „Konflicktschürzung“ und Anstoß zur Handlung.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Exposition die Vorgeschichte enthält, welche das Wissen vermittelt, das notwendig ist um dem folgenden Geschehen folgen zu können.
Knut Hickethier beschreibt die Schwierigkeit dabei für Drehbuchautoren.


Der Anfang hat die Dramentheorie als poetisches Problem immer wieder beschäftigt,weil in ihm der Grundstein für die folgende Darstellung gelegt, der Zuschauer bei seinen Erwartungen >abgeholt< und fasziniert erden muss.

Hier werden die Dimensionen des dramatischen Geschehens angelegt.“3


Hickethier beschreibt weiterhin die Verwendung einer nachgereichten Exposition. Hierbei wird der Zuschauer „direkt in das Geschehene hineingezogen“. Die Nachgereichte Exposition ist nicht zwangsweise an die Exposition der Figuren gebunden und kann somit später im verlauf der Handlung oder in komprimierter Form eingebracht werden. Sie wird auch induktive Exposition genannt.
In der Regel beruft man sich aber auf die deduktive Exposition, die den Zuschauer an das Geschehen heranführt. Klassischerweise, beginnt sie mit einem Establishing Shot.4



Establishing Shot und Bildanalyse

Der Establishing Shot ist ein Teil der Exposition. Meist wird diese erste Einstellung eines Films als Totale oder Halbtotale eingesetzt. Dieser Shot dient dazu den Ort des Geschehens in voller Größe darzustellen. Er gibt nicht nur einen Überblick über den Handlungsraum, sondern vermittelt auch ein Gefühl für die Ausgangssituation, in der sich die Protagonisten befinden. Hierbei ist besonders auf die Anordnung von Objekten und Personen zu achten. Es lassen sich dadurch erste Konflikte und Beziehungsverhältnisse erfassen, die für die weitere Handlung von Bedeutung sind.

Im folgendem werde ich auf einen Klassiker, der im Stil der Hollywood Continuetie gedreht worden ist, eingehen. Er heißt „Gone with the Wind“, übersetzt „Vom Winde verweht“ von Victor Fleming und stammt aus dem Jahr 1939. Der Film handelt von der Southern Bell Scarlette O`Hara, die sich während der Sezzesionskriege in eine Romanze mit Rhett Butler beginnt. Trotz ihrer Heirat vergöttert sie jedoch weiterhin Ashley Wilks, ihre Jugendliebe.

Was sagt die erste Einstellung bzw. die erste Sequenz über die Ausgangssituation der Protagonisten aus?





Betrachten wir zunächst die Eröffnungssequenz der Spielfilmklassikers „Gone with the Wind“. In ihr werden, vorbereitend auf die erste Einstellung, die Prunkbauten der Südstaaten gezeigt, welche ein Gefühl für die Lebensumstände der Protagonisten vermitteln sollen. Weiterhin wird auch der Aspekt der Sklaverei thematisiert, in dem beispielsweise Afroamerikanische Sklaven bei der Feldarbeit gezeigt werden. Nach etwa 4 Minuten Filmzeit wird das Anwesen der Familie O`hara in einer Totalen Einstellung gezeigt. Hier beginnt der Film.
Darauf folgt eine Einstellung, die erste Charakterisierungen der Figur Scarlett O’Hara (gespielt von Vivien Leigh) andeutet. Scarlett sitzt auf der Veranda ( im Bildmittelpunkt) Ihres Südstaaten- Anwesens und trägt ein hochgeschlossenes weißes, für diese Zeit typisches Kleid. Sie lässt sich sofort als Southern Belle erkennen. Des Weiteren wird sie von zwei männlichen Verehrern umgarnt. Mit ihnen diskutiert sie ebenfalls über den drohenden Krieg (Sezessionskrieg). Sie ist davon überzeugt, dass es keinen Krieg geben wird. Dies lässt auf Ihre Naivität und Jugendlichkeit schließen. Zu dem weiß sie ihre Reize gegenüber den zwei Verehrern einzusetzen, und erpresst diese mit Ihrer Abwesenheit. Diese Einstellung endet mit ihrer Bestürzung über die anstehende Hochzeit des Mannes für den sie Gefühle hegt.
Aus dieser ersten Einstellung lassen sich also nicht nur erste Charakterisierungen entnehmen, vielmehr wird auch eine Vorgeschichte erzählt. Im weiteren Verlauf wird klar, dass bereits in dieser ersten Einstellung alle relevanten Informationen, die wichtig für das verstehen der Handlung des Films sind erzählt worden sind. Somit lässt sich hier auf eine deduktive Exposition schließen.


Narrative Analyse

Nicht jeder Hollywood Film besitzt einen klar zu definierenden Establishing Shot. Insbesondere Filme der Postmoderne neigen eher zu einer Anfangssequenz als zu einer einzelnen Einstellung Beispielhaft dafür steht der Film „Lost in Translation“ von Sofia Coppola, aus dem Jahr 2004. In diesem Film geht es um einen in die Jahre kommenden Schauspieler, der einen Werbespot in Japan drehen soll, sowie um eine Junge Philosophie Absolventin, die aufgrund der Arbeit ihres Mannes mit Ihm nach Japan reist.
Das Opening des Films zeigt die Junge Frau, namens Charlotte in Unterwäsche auf dem Bett liegend, jedoch nur von Hinten und nur von der Hüfte bis zu den Knien. In späteren Einstellungen zeigt sich, dass Charlotte (gespielt von Scarlette Johanson) meist leicht bekleidet im Hotelzimmer auf ihren Mann wartet und sich langweilt. Dieses erste Bild soll die Erwartungshaltung beim Zuschauer wecken und ihn neugierig auf die Folgenden Ereignisse machen.



5


Direkt danach folgt eine Einstellung auf den Schauspieler Bob Harris (gespielt von Bill Murry). Er erwacht in seinem Wagen in dem er vom Flughafen (Durch die Sound-Ebene angedeutet) zu seinem Hotel gebracht wird. Dabei erscheint ihm das nächtliche Tokyo wie eine Scheinwelt voller Leuchtreklamen, in der er sogar sein Gesicht wiederfindet.






Im Hotel angekommen wird er von, mit Geschenken überhäuft und zugeschobenen Visitenkarten, in Empfang genommen. Zu dem erhält er eine Nachricht von seiner Frau, die ihm mitteilt, dass er den Geburtstag seines Sohnes vergessen hat.





Diese Aneinanderreihung von Momenten charakterisieren signifikant seine Person und seine derzeitigen Umstände bzw. seine Ausgangssituation. Seine Karriere als Schauspieler muss er mit Werbespots aufrecht erhalten. Seine Berühmtheit scheint ihm unwirklich vorzukommen und zu seiner Familie verliert er zunehmend den Bezug. Zudem befindet er sich in einer völlig fremden Umgebung, in der er sich sehr schwer zurechtfindet.





Diese Anfanssequenz soll dem Zuschauer wie beim Establishing Shot in „Vom Winde verweht“ die Grundstimmung des Films näherbringen und erste Umstände andeuten.
Im weiteren Verlauf der Exposition werden die Missstände weiter ausgeführt und die Erwartungshaltung des Zuschauers geweckt, bis es schließlich zu dem Gespräch der beiden ungleichen Figuren kommt, welche sich im Verlauf der Exposition immer wieder über den Weg laufen. Dies stellt den Plot Point 1 dar, welcher auf den 2. Akt, die Konfrontation, hinleitet. Der Film fährt dann mit der Entwicklung der Beziehung zwischen den Protagonisten fort und erzählt im Laufe der Geschichte mehr über die Hintergründe beider Akteure.
Anhand des Beispiels „Lost and Translaton“ können wir sehen, wie der Zuschauer auf Narrativer Ebene und auf Bildebene durch eine induktive Exposition an eine Geschichte herangeführt wird. Induktive Exposition, da allgemeine Informationen erst später gegeben sind.



Die Relevanz der Exposition.

Die Exposition im Film dient nicht nur dem Preisgeben handlungsrelevanter Informationen. Sie zeichnet sich vielmehr durch ihren Spannungsaufbau aus, der beim Zuschauer Interesse wecken soll. Beispielsweise erfahren wir bei „Gone with the Wind“ direkt eine Missgunst seitens Scarlette O`Haras gegenüber der bevorstehenden Hochzeit von Ashley Wilks. Hierbei fragt sich der Zuschauer : Wie wird sie damit umgehen?
In Lost in Translation fragen wir uns auf Anhieb wer der Mann mittleren Alter ist, der sich selbst im nächtlichen Tokyo auf einem Werbeplakat begutachten kann. Nach und nach werden hier Informationen offenbart. Dies versucht eine Erwartungshaltung beim Zuschauer auszulösen, die es im weiteren Verlaufs des Films zu erfüllen gilt.








1Röscheisen, Thilo ( DramaBlog.de) : Interview mit Syd Field, Jahr unbekannt,

2Field, Syd (Autorenhaus Verlag GmbH Berlin) : Das Drehbuch, Grundlagen des Drehbuchschreibens,2005, S. 306-309

3Hickethier, Knut : Film und Fernsehanalyse, 2001, S. 124

4Autor Unbekannt (Für die Bundeszentrale für politische Bildung, Fachbereich Multimedia, verantwortlich: Thorsten Schilling, Katrin Willmann,Für die Vision Kino GmbH – Netzwerk für Film- und Medienkompetenz verantwortlich: Sarah Duve, Sabine Genz ) Filmsprachlisches Glossar, 2016

5Coppola, Sofia (Focus Feature) : Lost in Translation, 2004

Sonntag, 7. August 2016

Jumpcut

Der Jumpcut

Als Jumpcut bezeichnet man einen Schnitt, der ähnliche Einstellungen verknüpft, aber
die typischen Continuityregeln bricht. Der Akteur "springt" dabei im Bild herum, daher der Name.
Vorraussetzungen für den Jumpcut ist die Einhaltung der 30 Grad Regel. Dadurch empfindet der Zuschauer beide Einstellungen als eine Sequenz, wird aber durch das physikalisch unmögliche Verhalten der Akteure aus der Immersion geworfen.
Ein Jumpcut kann dafür für die verschiedensten Effekte eingesetzt werden.

Geschichte
Georges Méliès gilt als der Urvater des Jumpcuts. Während er 1896 eine Straßenszene filmte, klemmte seine Kamera und nahm ein paar Sekunden nicht auf. Als er beim Entwickeln des Films die springenden und verschwindenden Objekte entdeckte, realisierte er die Möglichkeiten mit der Kamera Raum und Zeit zu manipulieren.

Der erste Film, der diese Technik bewusst einsetzt ist Méliès "The Vanishing Lady"

 

Hier wird versucht die Continuity beizubehalten, indem die frau abgedeckt wird und verschwindet,
ohne sonstige Veränderung in der Szene. Der Jumpcut wird hier als Spezialeffekt für einen Zaubertrick verwendet.


Erst als Jean-Luc Godard 1960 seinen Film "À bout de souffle" (engl. Breathless) veröffentlichte wurde der Jumpcut als Mittel zum künstlerischen Ausdruck verwendet.

 

Laut Regisseur waren die abrupten Schnitte nötig um den Film unter 90 Minuten zu bringen.
Wenn man sich die Szene aber genau betrachtet, erkennt man, dass der Fokus im Bild auf der Frau liegt, die trotz der Jumpcuts leicht zu verfolgen ist. Sie betritt die Szene zunächst links im Hintergrund und springt dann an der gleichen Position in den Vordergrund.
In der folgenden Szene bricht vor allem der Hintergrund die Continuity, die Position des Kopfes der Frau bleibt etwa gleich.
Die Schnitte wirken wie Zeitsprünge und obwohl diese der Zuschauer als verstörend empfindet, kann er der Handlung leicht folgen.
Neben den praktischen Nutzen beeinflusste der Effekt eine neue Generation von Filmemachern.



In diesem Beispiel wird der verstörende Effekt auf dem Zuschauer durch benutzung des Jumpcuts deutlich.
Das ständige Aussetzen der Continuity verwirrt, was hier durchaus beabsichtigt ist.
Die Szene wirkt ingesamt chaotisch und wild und wird durch den Schnitt komplementiert.



In dieser Szene werden anstelle eines Zooms mehrere Jumpcut benutzt, um den Fokus auf das Gesicht des Jungen zu legen.
Die plötzlichen Schnitteverstärken den Schockmoment den er erfährt.


Der Jumpcut lässt sich also vielfältig einsetzen. Man kann mit ihn die Zeit Verkrümmen,ihn  als Effekt einsetzen oder aber bestimmte Emotionen hervorrufen.
Er kann verstörend, schockierend oder chaotisch wirken und ist so ein weiteres Mittel zum künstlerischen Ausdruck.

Donnerstag, 4. August 2016

Modelle und Miniaturen

Modelle und Miniaturen


Visuelle Effekte sind Werkzeuge, die uns darstellen lassen, was anderweitig nicht filmbar wäre. Eines der mächtigsten dieser Werkzeuge war lange Zeit der Miniatureffekt. Durch ihn können wir epische Raumschlachten, gigantische Monster oder Wunder einer längst vergangenen oder nie dagewesenen Zeit auf Film bannen.


Miniaturen werden üblicherweise mit Science-Fiction-, Fantasy- und Historienfilmen assoziiert, sie werden aber auch in anderen Genres zum Ergänzen oder Abändern von bestehenden Kulissen benutzt.

Geschichte

Seit den Anfängen der visuellen Effekte in den Filmtricks von Georges Meliès haben die Miniatureffekte im Laufe des 20. Jahrhunderts große Entwicklungen durchgemacht.
Das berühmte Mondgesicht in Méliès’ La Voyage dans la Lune (1902) gilt als eine der ersten Filmminiaturen.

Im Pre-Code-Hollywood der zwanziger und dreißiger Jahre lockten Horror- und Abenteuerfilme große Besucherzahlen an. Filme wie The Lost World (1925) und der effektlastige King Kong (1933) brachten Stop-Motion-animierte Kreaturen auf die große Leinwand.


Die deutschen Expressionisten der zwanziger Jahre machten in ihren Filmen kreativen Gebrauch von Effekten, um ihre einzigartigen Visionen zu verwirklichen. Die bekannteste davon ist wohl die von Fritz Langs Metropolis (1927), das mit Modellen und Glasmalereien die grandiose Zukunftsstadt zum Leben erweckt. Eugen Schüfftan entwickelte für Metropolis den Schüfftan-Prozess, mit dem sich detaillierte Modelle fast nahtlos mit gebauten Kulissen in nur einer Aufnahme verschmelzen ließen.


Orson Welles verwendete in Citizen Kane (1941) neben vielen anderen Spezialeffekttechniken auch Miniaturen, um seine ausgefallenen Kompositionen umzusetzen. Optical Effects Artist Linwood G. Dunn benutzte den von ihm weiterentwickelten Optischen Printer, um komplexe Matte Shots zu verwirklichen. Citizen Kane enthält viele Kamerafahrten, in denen Modell- und Live Action-Aufnahmen mit Travelling-Matte-Verfahren kombiniert wurden.


Der Optische Printer und der Farbfilm öffneten die Tür für modernere Matting-Verfahren und somit fortgeschrittenere Miniatur-Shots, wie etwa die, die Stop-Motion-Legende Ray Harryhausen in den fünfziger und sechziger Jahren schuf.

Schauspieler und Stop-Motion-Skelette scheinen zu interagieren in Jason and the Argonauts (1963).

2001: A Space Odyssey (1968) setzte neue Standards für detaillierte Raumschiffminiaturen. Stanley Kubricks Perfektionismus und Zusammenarbeit mit Luft- und Raumfahrttechnikern resultierte in einem hohen Realismusgrad in den von Kubricks Special Effects Supervisor Douglas Trumbull geschaffenen Miniaturen.


Die Star Wars Trilogie (1977, 1980, 1983)  ist ein Meilenstein in Sachen Miniatureffekt. George Lucas gründete 1975 die Visual Effects Firma Industrial Light & Magic, die bis heute im Bereich Visual Effects führend ist. Das von John Dykstra geführte Special Effects Team, das Modellbaulegenden wie Steve Gawley, Lorne Peterson und Paul Huston enthielt, erschuf dynamische Actionszenen mit extrem detaillierten Raumschiffmodellen, mit denen sich Star Wars von den Science-Fiction-Filmen der Zeit abhob. Möglich wurde dies unter anderem durch das erste computergesteuerte Motion Control Kamera Rig, Bluescreen-Matting und von 2001 inspirierte Modellbaumethoden.


Die siebziger und achtziger Jahre können mit der Star Wars Trilogie und Filmen  wie Dune, Blade Runner und Alien als Höhepunkt des Miniatureffekts angesehen werden.
Seit den Neunzigern wurden Miniatureffekte in vielen Rollen durch CGI-Effekte abgelöst. Dennoch sind Miniaturen immer noch nicht komplett verschwunden. Regisseure wie Peter Jackson und Christopher Nolan bevorzugen Modelle wegen ihres höheren Realismusgrads im Bezug auf Witterung und Lichteinfall und aus Respekt für das Handwerk. Modelle werden heute oft in Verbund mit CGI eingesetzt um Renderzeit zu sparen.


Eine der “Bigatures”, die von WETA-Workshop für die Lord of the Rings Trilogie (2001, 2002, 2003) angefertigt wurden.
Ein Feld, in dem Modelle noch Vorteile gegenüber computergenerierten Effekten haben, ist die Darstellung physikalischer Prozesse -  Interaktionen mit Feuer und Wasser oder Zerstörung durch Explosionen. Mit Modellen können hier überzeugende Ergebnisse oft schneller und billiger erzeugt werden als mit gängiger Software.

Compositing

Miniatureffekte wirken aufgrund der Zweidimensionalität des Filmbilds. Werden flache Gemälde oder Miniaturnachbildungen von Objekten oder Landschaften richtig angefertigt und gefilmt, kann die Illusion von Tiefe erzeugt werden. Wenn Aufnahmen von Modellen und Schauspielern richtig kombiniert werden, können ihre Grenzen verschwimmen. Dies nennt sich Forced Perspective (erzwungene Perspektive).


Eine der simpelsten Methoden Miniaturen in einen Shot einzufügen, ist die Vordergrundminiatur. Eine Miniatur wird nah vor der Kameralinse platziert, so dass ihre Größe im Frame mit den anderen Elementen übereinstimmt. Dieses Verfahren wird üblicherweise für statische Szenerie verwendet und ähnelt dem klassischen In Camera Matte Painting. In Außenszenen mit natürlichem Licht haben Vordergrundminiaturen gegenüber Matte Paintings den Vorteil, dass sie von denselben Lichtquellen wie das Set und die Schauspieler beleuchtet werden. Matte Paintings sind mit einer festen Lichtquelle gemalt, was die Tageszeit, in der es möglich ist, den Shot zu drehen, beschränkt.


Vordergrundminiatur für The Endless Descent (1989), angefertigt von Emilio Ruiz.

Eine andere vom Matte Painting abgeleitete Methode ist der bereits erwähnte Schüfftan-Prozess. 1927 von Eugen Schüfftan für Fritz Langs Metropolis entwickelt, wird hier eine angewinkelte Glasplatte vor der Kamera platziert. Sie ist an den Stellen, wo die Hintergrundszenerie eingesetzt werden soll, verspiegelt und sonst transparent. Die spiegelnden Teile reflektieren die Miniatur, die Abseits der Kamera steht, während die weiter entfernten Schauspieler durch die transparenten Teile zu sehen sind. Dies ermöglicht die Verwendung größerer und detailreicherer Miniaturen, die durch den Spiegel verkleinert werden. Der Schüfftan Prozess wurde später von Alfred Hitchcock in seinen Filmen Blackmail (1929) and The 39 Steps (1935) verwendet.


Metropolis (1927): Der Miniaturhintergrund wurde mit dem Schüfftan-Prozess eingefügt.
Obwohl Vordergrundminiaturen aufgrund ihrer Einfachheit auch noch heute verwendet werden, werden die meisten Miniatur-Shots in Postproduktion composited. Dies verleiht mehr Freiheit und ermöglicht etwa Kamerafahrten oder den Einsatz von Stop Motion Miniaturen. Kamerafahrten über Modelle werden oft mit höheren Bildraten aufgenommen und langsamer abgespielt, um einen besseren Eindruck von Größe zu geben.

Konstruktion

Große Modelle haben oft ein Innengerüst aus Holz oder Metall. Die Materialien reichen von Pappe, Gips und Epoxymasse bis hin zu Plastikkarton, glasfaserverstärktem Kunststoff und hauchdünnen, fotogeätzten Messingblättchen. Für oft wiederkehrende Teile wird Vacuum-Forming oder Kunstharzguss verwendet.


Modellbauer bedienen sich einer Reihe von Tricks, um ihre Modelle glaubwürdig wirken zu lassen. Einer dieser Tricks ist Kitbashing — das Zweckentfremden von Modellbausatz-Einzelteilen, um schnell große Mengen realistischer mechanischer Details herzustellen. Kitbashing beschränkt sich nicht auf Modellbausätze, auch herkömmlichere Materialien wie Suppenlöffel, Gitarrensaiten oder Lampenreflektoren kommen zum Einsatz.


Aus Bulldozerschaufeln werden Panzerplatten am Heck des Millennium Falcon.

Um die enorme Größe von Science-Fiction-Maschinen zu verdeutlichen, werden sogenannte “greebles” verwendet. Greebles sind Ansammlungen von kleinen Details, die die Oberfläche eines Modells komplexer erscheinen lassen. Diese bestehen oft aus simplen geometrischen Formen, die aus Resten von Plastikkarton oder geätztem Messing geschnitten werden. Auch hier kommt oft Kitbashing zum Einsatz.
Bei dieser Nahaufnahme des Supersternenzerstörers aus Star Wars: The Empire Strikes Back (1980) werden die unterschiedlichen Arten von greebles sichtbar.
Beleuchtung ist wichtig für glaubwürdige Fahrzeuge und Dioramen. Dafür verwendete man kleine Glühbirnen und später auch LEDs. Sehr kleine Lichtpunkte lassen sich durch von innen beleuchtete Glasfaserbündel erzeugen.


Das Innere eines Sternenzerstörers mit den Glasfaserbündeln, die unzähligen, beleuchteten Fenster darstellen

Als Faustregel gilt,  je größer die Miniatur, desto realistischer kann sie sein. Größere Miniaturen haben mehr Raum für Details und lassen sich besser ausleuchten. Wenn Subjekte in mehreren Shots auftreten sollen, werden oft Ausführungen in verschiedenen Maßstäben angefertigt. Welche Version verwendet wird, hängt ab von Einstellungsgröße, geforderten Aktionen und Größenverhältnis zu anderen Modellen im Shot.




Animation

Die Darstellung von Bewegung ist wichtig für die Glaubwürdigkeit von Miniaturkreaturen oder -maschinen. Bei simpleren Aktionen reichen Seilzugmechanismen oder Animatronik aus, sind komplexere Handlungen gefragt, wird üblicherweise zur Stop Motion gegriffen. Stop Motion wurde in einem Spielfilm erstmals 1925 im Stummfilm The Lost World eingesetzt und ist seitdem wichtiger Bestandteil des Miniatureffekts.


Phil Tippett animiert einen AT-AT für Star Wars: The Empire Strikes Back (1980). 
Eine einfachere Art Miniaturen zum Leben zu erwecken, ist der Creature Suit. Schauspieler in Monsterkostümen bewegen sich durch Miniatursets, um den Anschein einer Stockwerke hohen Kreatur zu vermitteln. Die auch als “Suitmation” bekannte Praxis war ein beliebtes Mittel der Low Budget Mosterfilme des japanischen tokusatsu-Kinos. Diese Art von Effekt wirkt für heutige Verhältnisse schwerfällig und unbeholfen, hat aber in gewissen Kreisen Kultstatus.


Schauspieler in Monsteranzügen am Set von Godzilla Raids Again (1955).

Auch Tiere wurden wurden als Monsterdarsteller eingesetzt. Sogenannte “Slurpasaurs”, optisch vergrößerte Reptilien, die oft Dinosaurier darstellen sollten, sind häufig anzutreffen in Abenteuerfilmen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wie etwa D.W. Griffith’s Brute Force (1914) oder dem 1960er Remake von The Lost World, das neben mehreren Reptilien auch Schweine, Gürteltiere und einen Elefanten als Dinosaurier benutzte.


Ein schwarzweißer Teju als furchterregender Dinosaurier in One Million B.C. (1940).

Zum Abschluss


Quellen


Montag, 1. August 2016

Bildkomposition



Einleitung

Unter Bildkomposition versteht man die Organisation und bewusste Anordnung von Form, Farbe und Bewegung. Sie soll die verschiedenen Elemente miteinander in Beziehung setzen, die Aufmerksamkeit des Betrachters lenken und das Gesamtbild gliedern. Bestimmte Empfindungen werden durch die Komposition des Bildes hervorgerufen, wodurch auch der Inhalt des Bildes beeinflusst und gewollt unterstützt werden kann. Diese Empfindungen sind meist subjektiv, können prägungs- und kulturabhängig sein.

Gestaltungselemente und Stilmittel die die Wirkung des Gesamtbildes beeinflussen, sind unter Anderen Farbe, Form, Raum und Format.


Schwur der Horatier

Schon in der Kunst der Renaissance wurde der besondere Wert der Bildkomposition erkannt und mit Elementen gearbeitet, die heute genauso aktuell wie damals sind.
Mit Hilfe des Goldenen Schnitts, Dreieckskonstruktionen und des Einsetzen des Losers Points wurde den Betrachtern schon damals der Inhalt des Bildes durch seine Komposition näher gebracht. Nicht zuletzt deswegen kann man heute starke Parallelen zwischen jenen Gemälden und den heutigen Kinobildern erkennen.


Farbe

Farbe ist wohl eines der offensichtlicheren Kompositionselementen, da sie den Betrachter sehr direkt und emotional beinflusst.
Neben der Farbwirkung der Farbe an sich - die je nach Kulturkreis unterschiedlich ausfallen kann- wird der Zuschauer auch durch die Wirkung verschiedener Farben zusammen in Kontrasten beeinflusst.



Kontraste

Kontraste können aber nicht nur in From von Farbkontrasten auftreten, sondern vorallem in grafischen, wie verschiedene gegensätzliche Haptiken ( glatt- rau), Formen ( rund- eckig) und Ballungen ( voll- leer).




Linien

Der Blick des Betracheters folgt optischen und “gedachten” Linien. Optische Linien sollten nicht direkt an der Kante des Bildes enden, sonst werden sie als zu hart und aggressiv wahrgenommen. Ein natürlicher Rahmen wie etwa Berge leiten den Blick des Betrachters und setzen so den Fokus neu.
Blickrichtungen von Personen und Dreieckskompositionen in Familienbildern etwa sind keine optischen Linien, doch neigt das Gehirn dazu diese nachzuverfolgen und in Gedanken zu bilden. Auch hieraus werden Empfindungen wie Ruhe oder Geschlossenheit abgeleitet.




Desweiteren spielen Kompositionslinien wie der Goldene Schnitt, die Bilddiagonalen, -horizontalen und der Mittelpunkt des Bildes eine entscheidende Rolle. Liegt das Augenmerk des Betrachters auf dem Goldenen Schnitt, wird die Komposition als besonders harmonisch wahrgenommen, mit den Diagonalen sinkt oder steigt der Blick des Betrachters und der Gegenstand im Mittelpunkt des Bildes wird am wenigsten wahrgenommen, am geringsten geschätzt.
Liegt der Horizont des Bildes zentral wirkt es langweilig, liegt er weiter oben wirkt es durch den geringer Himmelsanteil schwerer, weiter unten durch den größeren Anteil leichter.
Die Blickführung die durch die verschiedenen Linien hervorgerufen wird, beeinflusst uns auch: wird unser Auge von rechts nach links geführt lässt es uns genauso unruhig wahrnehmen wie von unten nach oben. Dies ist durch unsere kulturelle Prägung und das damit verbundene Lesen zu erklären, die Bewegung scheint uns unnatürlich.


Verteilung

Durch Ballung, Streuung oder Reihung von Objekten im Bild wird der Blick des Betrachters ebenfalls gelenkt und je nach Einsatz Empfindungen ausgelöst. 
Generell lässt eine gewisse Ausgeglichenheit das Gesamtbild harmonsicher, aber auch etwas langweiliger wirken. Wiederholungen, Symmetrien und Muster fangen den Blick ein, wirken durch die Ordnung meist “schöner” und sind schneller fassbar. Man kann aber auch mit dem exakten Gegenteil dieser Ordnung spielen, indem etwa eine Symmetrie gebrochen und somit die volle Aufmerksamkeit auf diesen Bruch gelenkt wird. 


Raum



Die wohl größte Herausforderung einen dreidimensionalen Raum auf einem zweidimensionalen Bild einzufangen ist wohl zugleich auch die größte Kunst: 
Um Tiefe zu suggerieren sollte mit verschiedenen Layern gearbeitet werden, mindestens ein Objekt sollte im Vorder-, Mittel- und Hintergrund auszumachen sein. So separiert das Auge die einzelnen Ebenen und schafft eine größere Tiefenwirkung.
Genauso sollte auch auf die Perspektive und Einstellungsgröße geachtet werden, da sie die Wahrnehmung des dargestellten Objektes maßgeblich beeinflussen. So kann bewusst mit der Bedeutung einer Person gespielt werden: in der Vogelperspektive etwa ist diese geringer als in der Froschperspektive.



Format

Mit dem Format wird der Bezug zwischen Komposition und Spannung nocheinmal besonders deutlich. Abhängig von der Breite ist die Dominanz des Goldenen Schnitts: je breiter und gestauchter das Format, desto wichtiger ist er bei der Komposition. Bei einem nahezu quadratischen Format verliert er seine Wirkung und eine zentrierte Komposition scheint interessanter.






Eine insgesamt größere Wirkung wird beim Betrachter erziehlt, wenn angeschnitte Formen oder Personen am Bildrand zu sehen sind, da der Betrachter sich den fehlenden Teil dazu- und das Bild somit größer denkt.
Speziell beim Breitformat wirken Bewegungen dynamischer, da sie länger sichtbar sind.  Gleichzeitig gewinnt der Raum an Bedeutung,  genauso seine Tiefe, da ganz praktisch mehr zu sehen ist.



Besonderheiten Film

Durch die digitale Arbeit und vorallem die Möglichkeit der Nachbearbeitung sind bei der Bidkomposition im Film einige Aspekte mehr zu gewichten.
Man sollte mit der Farbtheorie vertraut sein,  genauso mit Lichtwirkung und -temperatur. Der erste Eindruck eines Films wird vorallem durch diese Elemente vermittelt, der Fokus dann durch Lenseflairs und Schärfe gesetzt. 
Auch durch die Einstellungsgröße und Distanz der Aufnahme ergeben sich Möglichkeiten, die Empfindungen und Wahrnehmungen des Betrachters zu beeinflussen. Durch Bewegung im Bild und auch der Kamera gibt es neue Möglichkeiten den Blick zu lenken, durch eine Paralaxe und die damit zusammenhängende Verschiebung etwa wird ein ganz neuer, interessanter Fokus gesetzt.




Fazit

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Möglichkeiten und Vielfältigkeit der Bildkomposition nicht zu unterschätzen sind. Wer sich gewollt mit ihr außeinandersetzt und sie für sich nutzt, kann so den Fokus des Betrachters steuern, gewünschte Bildinhalte in den Mittelpunkt bringen und gleichzeitig die Wirkung seiner Bilder in die gewünschte Richtung lenken und verstärken. Die vielen unterschiedlichen Möglichkeiten lassen dabei genug Spielraum für einen eigenen Stil und wirken dem Fall entgegen, jede Szene dabei gleich aussehen zu lassen.