Montag, 8. August 2016

Expsotion und Establishing Shot

 

 

Exposition

 

 

Einleitung

Der Begriff Exposition lässt sich aus dem lateinischen expositio ableiten und bedeutet soviel wie Darstellung oder Darlegung. Im Bereich der filmischen Erzählung sind hiermit meistens die ersten 30 Minuten eines Films gemeint. In diesen soll der Zuschauer an den Ort der Handlung und dessen Zeit, sowie an die Beziehungsverhältnisse zwischen den Protagonisten und dessen Charaktere herangeführt werden.
Warum sind diese ersten 30 Minuten so relevant? Um dies zu beantworten werde ich im Folgenden zunächst auf die theoretischen Grundlagen der Exposition eingehen,bei denen ich mich insbesondere auf die Arbeit von Syd Field beziehe und somit auf das Drei Akt Paradigma der Spielfilmdramaturgie.
Um dessen Definition zu untersuchen, werde ich zwei Filme bezüglich ihrer Exposition analysieren. Meine Schwerpunkte liegen hierbei auf der Narration insbesondere auf der Erwartungshaltung des Zuschauers. Des Weiteren liegt mein Fokus auf der Bildanalyse. Hierbei werde ich mich unter anderem auch auf den Establishing Shot beziehen, welcher durch Montage gestärkt auch in Sequenzen zu betrachten ist.
Die analysierten Filme sind zum einen der Klassiker der Hollywood Continuetie „Gone with the Wind“ von Victor Fleming, sowie de postmoderne Film „Lost in Translation“ von Sofia Coppola.


Theoretische Grundlagen

Das 3 Akt Paradigma nach Syd Field besteht im Grunde aus der Exposition, dem Plot Point 1, der Konfrontation, dem Plot Point 2 sowie der Auflösung. Nach Field besitzt also jede filmische Narration bzw. jedes Drehbuch, einen Anfang( ersten 30 Seiten), einen Mittelteil
(die weiteren 60 Seiten) sowie ein Ende (restlichen 30 Seiten). Da eine Drehbuchseite einer Filmminute entspricht lassen diese ersten 30 Seiten sich auch als die ersten 30 Minuten eines Films begreifen.


Siehe Abb.1




Paradigma nach Syd Field





Den Ablauf der Exposition beschreibt Syd Field wie folgt:


Der Anfangsteil beginnt mit der Eröffnungsszene oder -sequenz und reicht bis zum ersten Plot Point am Ende des ersten Akts.“2


Des weiteren beschreibt Field die Exposition als Einheit (den 1. Akt), die ebenfalls untergliedert ist in Anfang, Mitte und Ende . Hier liegt die Gewichtung auf dem Ende der Exposition ( 20bis 25 Drehbuchseiten) und dem abschließendem Plot, Point 1.
Dieser stellt ein Ereignis oder eine Episode dar, die der Handlung eine neue Wendung gibt. Wie bereits in der Einleitung erwähnt werden in diesem ersten Akt die Figuren, der Handlungsort sowie die Situationen bzw. Umstände der Akteure vorgestellt.
Auf den ersten Plot Point folgt die Konfrontation, welche sich dadurch kennzeichnet, dass die Hauptfigur/en auf Hindernisse stößt/stoßen, welches ihnen erschwert ihr „dramatisches Bedürfnis zu erfüllen. Darauf folgt schließlich die Auflösung der Handlung. Thomas Kuchenbuch beschreibt die Einleitung eines Films als „erregenden Moment“ bzw. als „Konflicktschürzung“ und Anstoß zur Handlung.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Exposition die Vorgeschichte enthält, welche das Wissen vermittelt, das notwendig ist um dem folgenden Geschehen folgen zu können.
Knut Hickethier beschreibt die Schwierigkeit dabei für Drehbuchautoren.


Der Anfang hat die Dramentheorie als poetisches Problem immer wieder beschäftigt,weil in ihm der Grundstein für die folgende Darstellung gelegt, der Zuschauer bei seinen Erwartungen >abgeholt< und fasziniert erden muss.

Hier werden die Dimensionen des dramatischen Geschehens angelegt.“3


Hickethier beschreibt weiterhin die Verwendung einer nachgereichten Exposition. Hierbei wird der Zuschauer „direkt in das Geschehene hineingezogen“. Die Nachgereichte Exposition ist nicht zwangsweise an die Exposition der Figuren gebunden und kann somit später im verlauf der Handlung oder in komprimierter Form eingebracht werden. Sie wird auch induktive Exposition genannt.
In der Regel beruft man sich aber auf die deduktive Exposition, die den Zuschauer an das Geschehen heranführt. Klassischerweise, beginnt sie mit einem Establishing Shot.4



Establishing Shot und Bildanalyse

Der Establishing Shot ist ein Teil der Exposition. Meist wird diese erste Einstellung eines Films als Totale oder Halbtotale eingesetzt. Dieser Shot dient dazu den Ort des Geschehens in voller Größe darzustellen. Er gibt nicht nur einen Überblick über den Handlungsraum, sondern vermittelt auch ein Gefühl für die Ausgangssituation, in der sich die Protagonisten befinden. Hierbei ist besonders auf die Anordnung von Objekten und Personen zu achten. Es lassen sich dadurch erste Konflikte und Beziehungsverhältnisse erfassen, die für die weitere Handlung von Bedeutung sind.

Im folgendem werde ich auf einen Klassiker, der im Stil der Hollywood Continuetie gedreht worden ist, eingehen. Er heißt „Gone with the Wind“, übersetzt „Vom Winde verweht“ von Victor Fleming und stammt aus dem Jahr 1939. Der Film handelt von der Southern Bell Scarlette O`Hara, die sich während der Sezzesionskriege in eine Romanze mit Rhett Butler beginnt. Trotz ihrer Heirat vergöttert sie jedoch weiterhin Ashley Wilks, ihre Jugendliebe.

Was sagt die erste Einstellung bzw. die erste Sequenz über die Ausgangssituation der Protagonisten aus?





Betrachten wir zunächst die Eröffnungssequenz der Spielfilmklassikers „Gone with the Wind“. In ihr werden, vorbereitend auf die erste Einstellung, die Prunkbauten der Südstaaten gezeigt, welche ein Gefühl für die Lebensumstände der Protagonisten vermitteln sollen. Weiterhin wird auch der Aspekt der Sklaverei thematisiert, in dem beispielsweise Afroamerikanische Sklaven bei der Feldarbeit gezeigt werden. Nach etwa 4 Minuten Filmzeit wird das Anwesen der Familie O`hara in einer Totalen Einstellung gezeigt. Hier beginnt der Film.
Darauf folgt eine Einstellung, die erste Charakterisierungen der Figur Scarlett O’Hara (gespielt von Vivien Leigh) andeutet. Scarlett sitzt auf der Veranda ( im Bildmittelpunkt) Ihres Südstaaten- Anwesens und trägt ein hochgeschlossenes weißes, für diese Zeit typisches Kleid. Sie lässt sich sofort als Southern Belle erkennen. Des Weiteren wird sie von zwei männlichen Verehrern umgarnt. Mit ihnen diskutiert sie ebenfalls über den drohenden Krieg (Sezessionskrieg). Sie ist davon überzeugt, dass es keinen Krieg geben wird. Dies lässt auf Ihre Naivität und Jugendlichkeit schließen. Zu dem weiß sie ihre Reize gegenüber den zwei Verehrern einzusetzen, und erpresst diese mit Ihrer Abwesenheit. Diese Einstellung endet mit ihrer Bestürzung über die anstehende Hochzeit des Mannes für den sie Gefühle hegt.
Aus dieser ersten Einstellung lassen sich also nicht nur erste Charakterisierungen entnehmen, vielmehr wird auch eine Vorgeschichte erzählt. Im weiteren Verlauf wird klar, dass bereits in dieser ersten Einstellung alle relevanten Informationen, die wichtig für das verstehen der Handlung des Films sind erzählt worden sind. Somit lässt sich hier auf eine deduktive Exposition schließen.


Narrative Analyse

Nicht jeder Hollywood Film besitzt einen klar zu definierenden Establishing Shot. Insbesondere Filme der Postmoderne neigen eher zu einer Anfangssequenz als zu einer einzelnen Einstellung Beispielhaft dafür steht der Film „Lost in Translation“ von Sofia Coppola, aus dem Jahr 2004. In diesem Film geht es um einen in die Jahre kommenden Schauspieler, der einen Werbespot in Japan drehen soll, sowie um eine Junge Philosophie Absolventin, die aufgrund der Arbeit ihres Mannes mit Ihm nach Japan reist.
Das Opening des Films zeigt die Junge Frau, namens Charlotte in Unterwäsche auf dem Bett liegend, jedoch nur von Hinten und nur von der Hüfte bis zu den Knien. In späteren Einstellungen zeigt sich, dass Charlotte (gespielt von Scarlette Johanson) meist leicht bekleidet im Hotelzimmer auf ihren Mann wartet und sich langweilt. Dieses erste Bild soll die Erwartungshaltung beim Zuschauer wecken und ihn neugierig auf die Folgenden Ereignisse machen.



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Direkt danach folgt eine Einstellung auf den Schauspieler Bob Harris (gespielt von Bill Murry). Er erwacht in seinem Wagen in dem er vom Flughafen (Durch die Sound-Ebene angedeutet) zu seinem Hotel gebracht wird. Dabei erscheint ihm das nächtliche Tokyo wie eine Scheinwelt voller Leuchtreklamen, in der er sogar sein Gesicht wiederfindet.






Im Hotel angekommen wird er von, mit Geschenken überhäuft und zugeschobenen Visitenkarten, in Empfang genommen. Zu dem erhält er eine Nachricht von seiner Frau, die ihm mitteilt, dass er den Geburtstag seines Sohnes vergessen hat.





Diese Aneinanderreihung von Momenten charakterisieren signifikant seine Person und seine derzeitigen Umstände bzw. seine Ausgangssituation. Seine Karriere als Schauspieler muss er mit Werbespots aufrecht erhalten. Seine Berühmtheit scheint ihm unwirklich vorzukommen und zu seiner Familie verliert er zunehmend den Bezug. Zudem befindet er sich in einer völlig fremden Umgebung, in der er sich sehr schwer zurechtfindet.





Diese Anfanssequenz soll dem Zuschauer wie beim Establishing Shot in „Vom Winde verweht“ die Grundstimmung des Films näherbringen und erste Umstände andeuten.
Im weiteren Verlauf der Exposition werden die Missstände weiter ausgeführt und die Erwartungshaltung des Zuschauers geweckt, bis es schließlich zu dem Gespräch der beiden ungleichen Figuren kommt, welche sich im Verlauf der Exposition immer wieder über den Weg laufen. Dies stellt den Plot Point 1 dar, welcher auf den 2. Akt, die Konfrontation, hinleitet. Der Film fährt dann mit der Entwicklung der Beziehung zwischen den Protagonisten fort und erzählt im Laufe der Geschichte mehr über die Hintergründe beider Akteure.
Anhand des Beispiels „Lost and Translaton“ können wir sehen, wie der Zuschauer auf Narrativer Ebene und auf Bildebene durch eine induktive Exposition an eine Geschichte herangeführt wird. Induktive Exposition, da allgemeine Informationen erst später gegeben sind.



Die Relevanz der Exposition.

Die Exposition im Film dient nicht nur dem Preisgeben handlungsrelevanter Informationen. Sie zeichnet sich vielmehr durch ihren Spannungsaufbau aus, der beim Zuschauer Interesse wecken soll. Beispielsweise erfahren wir bei „Gone with the Wind“ direkt eine Missgunst seitens Scarlette O`Haras gegenüber der bevorstehenden Hochzeit von Ashley Wilks. Hierbei fragt sich der Zuschauer : Wie wird sie damit umgehen?
In Lost in Translation fragen wir uns auf Anhieb wer der Mann mittleren Alter ist, der sich selbst im nächtlichen Tokyo auf einem Werbeplakat begutachten kann. Nach und nach werden hier Informationen offenbart. Dies versucht eine Erwartungshaltung beim Zuschauer auszulösen, die es im weiteren Verlaufs des Films zu erfüllen gilt.








1Röscheisen, Thilo ( DramaBlog.de) : Interview mit Syd Field, Jahr unbekannt,

2Field, Syd (Autorenhaus Verlag GmbH Berlin) : Das Drehbuch, Grundlagen des Drehbuchschreibens,2005, S. 306-309

3Hickethier, Knut : Film und Fernsehanalyse, 2001, S. 124

4Autor Unbekannt (Für die Bundeszentrale für politische Bildung, Fachbereich Multimedia, verantwortlich: Thorsten Schilling, Katrin Willmann,Für die Vision Kino GmbH – Netzwerk für Film- und Medienkompetenz verantwortlich: Sarah Duve, Sabine Genz ) Filmsprachlisches Glossar, 2016

5Coppola, Sofia (Focus Feature) : Lost in Translation, 2004

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