Montag, 25. Juli 2016

180 und 30 Grad Regel


180 Grad Regel


Um die 180 Grad Regel zu verstehen muss zuerst der Begriff „Handlungsachse“ erklärt werden. Sinn und Zweck der Handlungsachse ist es, die Kamerapositionen so zu ordnen, dass für den Zuschauer die Bewegungsrichtungen durchgängig erscheinen und die räumliche Einheit erhalten bleibt.
Man kann sich die Handlungsachse als imaginäre Verbindungslinie eines Handelnden zu einem anderen Handelnden oder einem Objekt vorstellen.


Bleibt die Kamera auf einer Seite der Achse, bewegen sich die Darsteller in aufeinanderfolgenden Einstellungen in die gleiche Richtung. In diesem 180 Grad Bereich ist jede Kamerapositionierung erlaubt, der Zuschauer kann dem Geschehen gut folgen und versteht die räumliche Ordnung im Bild.
















Werden diese 180 Grad jedoch überschritten, ändert sich das Richtungssystem. Aus Rechts- werden Linksbewegungen und umgekehrt (bei einem Gespräch beispielsweise wirkt die Überschreitung so, als hätten die Darsteller die Plätze getauscht).
















Diese Rotation stiftet Verwirrung und Desorientierung beim Zuschauer.
Dieser fehlerhafte Bildanschluss wird Achsensprung genannt. 
Der Grundsatz, Achsensprünge zu vermeiden, wird 180 Grad Regel genannt.
Sie ist unter anderem ein großer Bestandteil des Hollywood Continuity Styles.


Umgehen kann man den Achsensprung beispielsweise, indem man eine neue Handlungsachse durch eine neue Blicklinie etabliert.
Ein Beispiel: Die aktuelle Handlungsachse besteht zwischen zwei Personen, welche am Tisch sitzen und eine Unterhaltung führen. Eine dritte Person geht zum Tisch und eine der sitzenden Personen wendet nun seine Aufmerksamkeit dem Neuen zu. Durch diese neue Blicklinie wird eine neue Handlungsachse etabliert und somit auch ein neuer 180 Grad Arbeitsbereich. Die alte Achse darf nun übersprungen werden.



Um den Achsensprung zu umgehen, ist es aber auch möglich, einen der Darsteller seine eigene Handlungsachse überqueren zu lassen. Eine weitere Methode: Die neue Handlungsachse durch eine Kamerafahrt einführen. Solange die Fahrt nicht unterbrochen wird, kann man die Kamera problemlos von einer Seite der Blicklinie auf die andere führen.
In schnell geschnittenen Szenen, wie zum Beispiel Actionszenen, gibt es oft keine Blicklinie. Hier folgt sie meist der Richtung, in der sich das Bildobjekt (z.B. Auto) hauptsächlich bewegt. Somit wird die Fahrtrichtung zur Handlungsachse.
Oft wird der Achsensprung bewusst als Stilmittel eingesetzt um ein dynamisches Bild zu erzeugen oder aber den Zuschauer zu verwirren, um es ihm schwer zumachen die räumliche Anordnung zu verstehen. 

Im Film Herr der Ringe wird der Achsensprung genutzt um Gollums Charakter noch besser inszenieren zu können. 
In einer Szene führt er ein Selbstgespräch, ständig wird die Handlungsachse gewechselt. Es wirkt nun so, als würden zwei identisch aussehende Personen ein Gespräch führen Gollums gespaltene Persönlichkeit wird so noch unterstrichen.



Credits:
Titel: Herr der Ringe: Die zwei Türme
Erscheinungsjahr: 2002
Produktionsland: USA, Neuseeland
Regie: Peter Jackson
Produktion: Barrie M. Osburne, Peter Jackson, Fran Walsh
Kamera: Andrew Lesnie
Länge: 179 min (Kinofassung) 




30 Grad Regel


Die 30 Grad Regel bezieht sich auf die innerszenische Montage eines Films. 
Grundsätzlich sollte eine offensichtliche Differenz zwischen Kamerawinkeln, Bildausschnitten und Einstellungsgrößen bestehen. 
Auch diese Regel ist Bestandteil des Hollywood Continuity Styles.

Bei gleichbleibenden Subjekt oder Raum muss sich die Kameraposition einer Einstellung, in ihrem Winkel um mindestens 30 Grad zur nächsten Einstellung unterscheiden.
Bleibt die Kamera jedoch auf der gleichen Achse, muss sich der Bildwinkel der Optiken in aufeinander folgenden Einstellungen um mindestens 30 Grad verändern.
Wird zwischen Nachbaraufnahmen die Kameradistanz verändert, sollte der Voran- oder Wegsprung ausreichend groß sein. 
Oft werden für eine ansprechende Montage, eine oder mehrere Einstellungsgrößen übersprungen. 

Diese Punkte sollten beachtet werden, damit der Zuschauer die Differenz der Einstellungen nicht als ungewollten Fehler, sondern tatsächlich als Sprung wahrnimmt. 





Credits:
Titel: Kill Bill: Vol. 1
Erscheinungsjahr: 2003
Regie und Drehbuch: Quentin Tarantino
Produktionsland: USA
Kamera: Robert Richardson
Produktion: Lawrence Bender
Länge: 106 min



Bei zu geringer Differenz entsteht der Eindruck des Jump Cuts. Der Jump Cut ist ein Schnitt zwischen zwei Einstellungen die im Bezug auf Bildausschnitt und Einstellungsgröße identisch sind, aber einen Sprung in der Handlung vollziehen. Mithilfe dieser Schnittmethode kann man zum Beispiel zwei unterschiedliche Einstellungen miteinander verbinden, zwei ähnliche Einstellungen voneinander zu trennen oder weit getrennte Räume und Zeiten zu verbinden.
Letzteres wird gerne im Bezug auf die Veränderung des Aussehens einer Person im Laufe der Zeit genutzt.






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