Mittwoch, 3. Februar 2016

Schnittfrequenz


Die Schnittfrequenz gibt den Takt innerhalb eines Films an. Sie bestimmt, in welcher Geschwindigkeit die Einstellungen im Film gezeigt werden und entscheidet durch ihre Länge, welchen Einfluss die gezeigte Szene auf den Rezipienten hat. Die Einstellungsdauer kann den Zuschauer in seiner Wahrnehmung beeinflussen und eine bestimmte Atmosphäre schaffen.


Die Einstellungslänge


Sie ist eine wichtige Komponente der Schnittfrequenz. Die Länge der Einstellung unterscheidet sich je nach Stil und Genre eines Films. Schon im Jahr 1921 ließ sich eine Veränderung in der Einstellungslänge feststellen: Der Stummfilm brachte eine Länge von 4,5 bis 7,2 Sekunden auf die Bildfläche und wurde vom Tonfilm abgelöst, der mit 7,2 bis 18 Sekunden länger geschnitten war. Die Einstellungslänge kann im Film variieren und hängt vom jeweiligen Inhalt ab. Ein Breitwandformat ist beispielsweise länger geschnitten als ein Normalfilm, weil seine Komposition weniger leicht vom Zuschauer aufgenommen werden kann.



Die durchschnittliche Einstellungsdauer in Filmen hat sich in den letzten Jahren immer mehr beschleunigt. Der Hollywood-Actionfilm ist beispielsweise schneller geschnitten als ein Melodrama oder Dokumentarfilm. Mit dem Einsatz von schnellen Szenen will der Regisseur meist einen Effekt erzielen: Dem Geschehen wird eine Dynamik verliehen oder soll dem Zuschauer Gefahr oder Orientierungslosigkeit vorgaukeln. Durch eine rasante Bildfolge kann eine aufregende oder dramatische Handlung betont werden. Das visuelle Erlebnis wird dadurch in seiner Qualität gesteigert und mit allen Sinnen des Zuschauers wahrgenommen.



Bei einer entschleunigten Sequenz werden hingegen einzelne Bilder besser herausgefiltert und verlagern die Wahrnehmung auf die visuelle Gestaltung. Die Komposition des Bildes wird somit automatisch stärker wahrgenommen. Der Kulisse oder allgemeinen „Misé en Scene“ wird ein höheres Gewicht verliehen. Eine lange Einstellung kann weit über 10 Sekunden dauern und lenkt die Aufmerksamkeit auf ein ruhiges, emotionales oder anspruchsvolles Geschehen.

Wird eine ganze Sequenz in einer langen Einstellung gedreht, spricht man von einer Plansequenz. Das Vorzeigemodell für diese lange, höchst anspruchsvolle Einstellung ist der oscar-nominierte Film „Birdman“.


Ohne Schnitt durch den Film


Abgesehen von ein paar wenigen Schnitten, die digital unsichtbar gemacht wurden, erweckt der Film „Birdman“ den Eindruck, er wäre in einer einzigen Einstellung gedreht worden. Der Regisseur Alejandro González Iñárritu bediente sich eines magischen Tricks und ließ sein Meisterwerk wie eine Plansequenz aussehen. So schaffte er es, das ein Stilmittel zum Teil der Handlung wurde: Die nahtlose Darstellung, welche meist durch eine bewegliche Handkamera unterstützt wird, ist hierbei an die echte Inszenierung eines Theaterstücks angelehnt. 

 


Die schnittlose Inszenierung unterstreicht die Thematik des Films und lässt den Film wie ein Kammerspiel wirken: Es ist sozusagen ein Spiel im Theaterspiel. Die lange Einstellung zeigt dem Zuschauer die Anspannung, die der Protagonist währen seiner Vorstellung hat. Sie unterstreicht seine Authenzität und zeigt die harten Anforderungen, die an ein echtes Theaterstück gestellt werden.

Diese Art der Bildmontage erfüllt noch einen anderen Zweck: Die gesamte Inszenierung wird hervorgehoben und gibt dem Betrachter das Gefühl, selbst inmitten dieser künstlichen Bühne zu stehen. Er selbst läuft durch die engen, klaustrophobischen Räume des Theaters oder zieht am Times Square durch die Menschenmenge. Durch diese kontinuierliche Kameraführung werden wir als Zuschauer in einen Sog gezogen. 
Da es unmöglich war, ein Theater mit den gewünschten Hinterräumen zu finden, musste man es so aussehen lassen, als würde das Ganze in einem Haus passieren. Hinzu kam die Schwierigkeit die Szenen aufzubauen, auszuleuchten und nahtlos an einem Stück zu drehen. Um diesen einzigartigen Effekt zu erzielen, brauchte es knapp dreißig Drehtage am Set von „Birdman“.


Titel: Birdman (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)
Produktionsjahr: 2014
Produktionsland: USA
Regie: Alejandro G. Iñárritu
Darsteller: Michael Keaton, Zach Galifianakis, Edward Norton
Länge: 114 Min.
Format: 1.85 : 1
Genre: Comedy / Drama


Lisa Wulff

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen