Mittwoch, 3. Februar 2016

Plansequenz

Von einer Plansequenz spricht man wenn ein Sequenz innerhalb eines Films aus einer meist langen Einstellung besteht und ohne Schnitte eine abgeschlossene Handlung zeigt. Szenenänderungen innerhalb einer Plansequenz werden entweder durch passend inszeniere Auftritte der Darsteller erreicht oder durch eine Ortsveränderungen, meist realisiert durch eine Kamerafahrt, welche auf natürliche Weise durch das Geschehen motiviert ist. 

Plansequenzen vor allem längere Plansequenzen sind kompliziert choreografiert, geben dem Schauspieler ähnlich zum Theater aber mehr Raum zu spielen. Plansequenzen gehören zur Königsdisziplin im Film: Der Kameramann muss sehr konzentriert arbeiten und der Rest des Sets muss gut aufeinander abgestimmt sein. Nicht desto trotz haben sich einige Regisseure und Kameraleute hierauf spezialisiert sowie Robert Altman und Michael Ballhaus.

Plansequenzen unterstützen die Inszenierung einer Szene, wobei hier verschieden Effekte erzielt werden können. Wenn zum Beispiel in einer Plansequenz wenig geschieht ruft das beim Zuschauer Langatmigkeit, Gleichartigkeit und schließlich Melancholie hervor. In einer Plansequenz in der sehr viel passiert hat dies jedoch ehr eine komödiantische und ironisierende Wirkung. Aber der beliebteste Effekt resultiert daraus das lange nichts geschieht, der Zuschauer aber ahnt das etwas passieren wird und es dann schlussendlich passiert. Es baut sich eine unvergleichliche Spannung auf und der Zuschauer taucht tief in das Geschehen ein, er wird ein Teil davon. Dies hat vor allem damit zu tun das es sehr der normalen Sehgewohnheit des Menschen ähnelt (es gibt keine Schnitte in unserer Wahrnehmung) und er somit völlig der Illusion des Films verfallen ist.

Ein Film in dem das sehr gut gelingt ist „Children of Men“ von Alfonso Cuarón, manche Takes kommen über sechs Minuten ohne Schnitt aus und lassen den Science-Fiction-Thriller dokumentarisch wirken. Im folgenden Ausschnitt sieht man einen Teil einer Plansequenz, lange Zeit folgen wir dem Protagonisten und warten darauf das etwas passiert.


Jedoch muss man hier beachten, dass es oft keine echten Plansequenzen sind, im Nachhinein wurden durch ein kompliziertes Computerverfahren verschiedene Einstellungen zu einer Plansequenz zusammengefügt. Solche Szenen die wie Plansequenzen aussehen sollen, hat es auch schon weit vorher gegeben. Ein berühmtes Beispiel ist „Cocktail für eine Leiche“ von Alfred Hitchcock, da die Filmrollen zu der Zeit nicht länger als zehn Minuten aufnehmen konnten nutze er den „Stopptrick“ um längere Plansequenzen zu realisieren. Am Ende der Filmrolle fokussierte die Kamera auf einen spezifischen Gegenstand oder einen Darsteller, die Filmrolle wurde gewechselt und die Kamera fuhr wieder her raus. Ein aktueller Film der versteckte Schnitte nutzt und aus einer einzigen Plansequenz zu bestehen scheint ist „Birdman“ von Alejandro Gonsález Iñárritu.


Es geht um den Schauspieler Riggan Thomson, gespielt von Michael Keaton, der vor langer Zeit weltbekannt war und nun durch sein eigenes Stück versucht seine Karriere wiederzubeleben. Charakteristisch für den Film sind seine verfolgenden Kamerafahrten, begleitenden Kameraschwenks und lauten Dialoge, gut zu sehen in diesem Ausschnitt. Die Plansequenzen und die Art wie sie gestaltet sind verstärken den Eindruck das der Protagonist in diesen nicht enden wollenden Proben für sein Stück „gefangen“ ist, alles findet im und in direkter Nähe des Theaters statt. Er bewegt sich zwischen Euphorie, Selbstzweifel und Wut, und so bewegt er sich auch im Film immer wieder zwischen den gleichen Orten. Die Kamera ist beweglich und passt sich kleinen Bewegungen an und trotzdem wirkt sie ruhig durch ihre Gleichmäßigkeit und ihr kurzes Ausharren nach energiegeladenen Szenen. Da es kein schnelles hin und her schneiden gibt, entwickelt sich eine ganz andere Erzählweise und man gewöhnt sich an die immer wiederkehrenden Kamerafahrten durch die Flure. 

„Russian Ark“ von Alexander Sokurow aus dem Jahr 2002 ist jedoch der erste 90 minütige Film der tatsächlich nur in einer Einstellung gedreht wurde. Da man den Drehort nur für zwei Tage buchen konnte und der Auf- sowie Abbau sehr zeitintensiv war, hatte man nur zwei Stunden Zeit für den gesamten Dreh. Außerdem wurde das erste Mal in der Filmgeschichte direkt auf Festplatte aufgenommen.

Ein weiterer von der Kritik gelobter Film der in einer 140-minütigen Einstellung gedreht wurde, ist der Film „Victoria“ von Sebastian Schipper aus dem Jahr 2015. Es geht um eine junge Spanierin in Berlin, die in einem Club vier junge Männer kennen lernt. Viele Dialoge und Szenen wurden improvisiert und erst im dritten und letzten Versuch gelang das Experiment. In diesem Film gelingt es dem Regisseur eine unvergleichbare Spannung aufzubauen, alles fühlt sich sehr realitätsnah an und man fühlt sich als Teil des Geschehen. Nicht nur die Kamera ähnelt sehr stark unserer menschlichen Wahrnehmung aber auch die Figuren agieren, vor allem auch durch Improvisation sehr authentisch und lebensecht. 

Bei Musikvideos die nur aus einer Einstellung bestehen, spricht man von Oneshots, diese erhalten auch oft turbulente Szenenwechsel. Vor allem Michael Gondry hat sich dieses Stilmittel zu eigen gemacht. Gut zu sehen unter anderem in Gary Jules „Mad world“ oder in Kylie Minogue’s „Come into my world“

Credits:

Titel: Children of Men
Produktionsjahr: 2006
Produktionsland: Vereinigte Staaten, Vereinigtes Königreich
Regie: Alfonso Cuarón
Darsteller: Clive Owen, Julianne Moore, Claire-Hope Ashitey 
Länge: 106 Minuten


Titel: Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)
Produktionsjahr: 2013
Produktionsland: Vereinigte Staaten 
Regie: Alejandro Gonsález
Darsteller: Michael Keaton, Zach GalifianakisEdward Norton,Andrea RiseboroughAmy RyanEmma Stone und Naomi Watts
Länge: 119 Minuten

Julia Rosenau




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