Montag, 8. Februar 2016

Charakterisierung durch das Kostüm

Kostümdesigner im Film gleichen Dolmetschern: Sie erzählen mit der Kleidung eine Geschichte. Jeder Mensch kommuniziert mit seiner Kleidung. Was wir tragen, zeigt, woher wir kommen, welcher Klasse oder Gruppe wir angehören und welche sexuelle Orientierung wir haben. Auch in jedem Film lebt ein Charakter durch sein Kostüm. Kostüme erfüllen eine narrative Funktion, sie sind Teil des Storytelling.
Kleidung im Film zeigt nicht nur, was passiert, sondern vor allem wer da ist – sie vermittelt den emotionalen, physischen oder psychosozialen Zustand des Charakters.
Kostüme spiegeln im besten Fall die persönliche Entwicklung einer Person wider und machen Gegensätze und Gemeinsamkeiten von Charakteren visuell nachvollziehbar. Das Kinopublikum entschlüsselt die Informationen, die über die Kleidung transportiert werden, binnen Sekundenbruchteilen – und im besten Falle unbewusst. Kostümdesigner sind daher mit Dolmetschern vergleichbar, die die richtigen Worte zur Übersetzung finden müssen.

Die Informationen werden ausschließlich über das Auge wahrgenommen und mit eigenen Erfahrungen verbunden, sodass sich anschließend der Eindruck der Charaktere ergibt.

Bei Filmen, die in der Gegenwart spielen oder in unserem normalen Leben, liegt die Schwierigkeit, dass die Kostüme nicht von der eigentlichen Handlung ablenken dürfen. Sie müssen also unauffällig sein und trotzdem das Unterbewusstsein der Zuschauer erreichen. Ganz anders ist es bei Kostümfilmen, in denen modehistorische Genauigkeit vorrangig ist und ein sehr detailliertes Kostümkonzept notwendig ist. Es ist also zunächst einmal wichtig, zwischen einem Modefilm, also einem, dem es um eine zeitlose Reflexion des Themas geht und einem modischen Film zu unterscheiden, der so im Hier und Jetzt verwurzelt ist, dass er eine filmische Eintagsfliege bleibt.
Vielleicht sind deshalb die Modefilme am wirkungsmächtigsten, die sich ihrem Gegenstand unbewusst nähern, indem sie das tun, was Filme am besten können: eine Geschichte erzählen, Charaktere erschaffen und sie in Beziehung zueinander setzen. Tatsächlich müssten Mode und Film ja ein Traumpaar sein, wie es sich nur Hollywood ausdenken kann: Beide vermählen Stil und Inhalt, beide erschaffen Illusionen, beide manipulieren unsere Träume. Sie verbinden alle pikanten Situationen unseres Lebens und erschaffen daraus eine eigene Welt. Beide sind autobiografisch geprägt: von der seelischen Konstitution des Designers oder Regisseurs. 

Mode bedeutet Stil, Haltung, Selbstdarstellung, deshalb ist der Film „Snow White & The Huntsman“ (2012, Regie unter Rupert Sanders) ein sehr gutes Beispiel. Charlize Theron, die Königin in diesem Film, verbreitet Tod und Verderben. Ihr Kostüm wird mit ihrem fortschreitenden Wahnsinn immer exaltierter und düsterer, was das Innere des Charakters nach außen transportiert. Dazu gehören, beispielsweise, ein Umhang aus Hahnenfedern, ein Kragen aus Knochen und ein Kleid aus schillernden Insektenpanzern.


Die Überreste von Verstorbenen Tieren spiegeln hier den Tod wieder, vor allem aber die Macht des Darstellers. Auch die Farben sind von großer Bedeutung: Rache, Hinterhalt, Tyrannei und Kaltherzigkeit. Nicht nur in der Verfilmung geht es episch und düster zu, sondern auch in der Verkleidung der Charaktere.
Für die hervorragende visuelle Darstellung wurde „Snow White & The Huntsman“ mit zwei Nominierungen ausgezeichnet, das beste Kostümdesign und die besten visuellen Effekte.




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