Exposition
Einleitung
Der
Begriff Exposition lässt sich aus dem lateinischen expositio
ableiten und bedeutet soviel wie Darstellung oder Darlegung. Im
Bereich der filmischen Erzählung sind hiermit meistens die ersten 30
Minuten eines Films gemeint. In diesen soll der Zuschauer an den Ort
der Handlung und dessen Zeit, sowie an die Beziehungsverhältnisse
zwischen den Protagonisten und dessen Charaktere herangeführt
werden.
Warum
sind diese ersten 30 Minuten so relevant? Um dies zu beantworten
werde ich im Folgenden zunächst auf die theoretischen Grundlagen der
Exposition eingehen,bei denen ich mich insbesondere auf die Arbeit
von Syd Field beziehe und somit auf das Drei Akt Paradigma der
Spielfilmdramaturgie.
Um
dessen Definition zu untersuchen, werde ich zwei Filme bezüglich
ihrer Exposition analysieren. Meine Schwerpunkte liegen hierbei auf
der Narration insbesondere auf der Erwartungshaltung des Zuschauers.
Des Weiteren liegt mein Fokus auf der Bildanalyse. Hierbei werde ich
mich unter anderem auch auf den Establishing Shot beziehen, welcher
durch Montage gestärkt auch in Sequenzen zu betrachten ist.
Die
analysierten Filme sind zum einen der Klassiker der Hollywood
Continuetie „Gone with the Wind“ von Victor Fleming, sowie de
postmoderne Film „Lost in Translation“ von Sofia Coppola.
Theoretische
Grundlagen
Das
3 Akt Paradigma nach Syd Field besteht im Grunde aus der Exposition,
dem Plot Point 1, der Konfrontation, dem Plot Point 2 sowie der
Auflösung. Nach Field besitzt also jede filmische Narration bzw.
jedes Drehbuch, einen Anfang( ersten 30 Seiten), einen Mittelteil
(die weiteren 60 Seiten) sowie ein Ende (restlichen 30 Seiten). Da
eine Drehbuchseite einer Filmminute entspricht lassen diese ersten 30
Seiten sich auch als die ersten 30 Minuten eines Films begreifen.
Siehe
Abb.1
Paradigma nach Syd Field |
Den
Ablauf der Exposition beschreibt Syd Field wie folgt:
„Der
Anfangsteil beginnt mit der Eröffnungsszene oder -sequenz und reicht
bis zum ersten Plot Point am Ende des ersten Akts.“2
Des
weiteren beschreibt Field die Exposition als Einheit (den 1. Akt),
die ebenfalls untergliedert ist in Anfang, Mitte und Ende . Hier
liegt die Gewichtung auf dem Ende der Exposition ( 20bis 25
Drehbuchseiten) und dem abschließendem Plot, Point 1.
Dieser
stellt ein Ereignis oder eine Episode dar, die der Handlung eine neue
Wendung gibt. Wie bereits in der Einleitung erwähnt werden in diesem
ersten Akt die Figuren, der Handlungsort sowie die Situationen bzw.
Umstände der Akteure vorgestellt.
Auf
den ersten Plot Point folgt die Konfrontation, welche sich dadurch
kennzeichnet, dass die Hauptfigur/en auf Hindernisse stößt/stoßen,
welches ihnen erschwert ihr „dramatisches Bedürfnis zu erfüllen.
Darauf folgt schließlich die Auflösung der Handlung. Thomas
Kuchenbuch beschreibt die Einleitung eines Films als „erregenden
Moment“ bzw. als „Konflicktschürzung“ und Anstoß zur
Handlung.
Zusammenfassend
kann man sagen, dass die Exposition die Vorgeschichte enthält,
welche das Wissen vermittelt, das notwendig ist um dem folgenden
Geschehen folgen zu können.
Knut
Hickethier beschreibt die Schwierigkeit dabei für Drehbuchautoren.
„Der
Anfang hat die Dramentheorie als poetisches Problem immer wieder
beschäftigt,weil in ihm der Grundstein für die folgende
Darstellung gelegt, der Zuschauer bei seinen Erwartungen >abgeholt<
und fasziniert erden muss.
Hier
werden die Dimensionen des dramatischen Geschehens angelegt.“3
Hickethier
beschreibt weiterhin die Verwendung einer nachgereichten Exposition.
Hierbei wird der Zuschauer „direkt in das Geschehene
hineingezogen“. Die
Nachgereichte Exposition ist nicht zwangsweise an die Exposition der
Figuren gebunden und kann somit später im verlauf der Handlung oder
in komprimierter Form eingebracht werden. Sie wird auch induktive
Exposition genannt.
In
der Regel beruft man sich aber auf die deduktive Exposition, die den
Zuschauer an das Geschehen heranführt. Klassischerweise, beginnt sie
mit einem Establishing Shot.4
Establishing
Shot und Bildanalyse
Der
Establishing Shot ist ein Teil der Exposition. Meist wird diese erste
Einstellung eines Films als Totale oder Halbtotale eingesetzt.
Dieser Shot dient dazu den Ort des Geschehens in voller Größe
darzustellen. Er gibt nicht nur einen Überblick über den
Handlungsraum, sondern vermittelt auch ein Gefühl für die
Ausgangssituation, in der sich die Protagonisten befinden. Hierbei
ist besonders auf die Anordnung von Objekten und Personen zu achten.
Es lassen sich dadurch erste Konflikte und Beziehungsverhältnisse
erfassen, die für die weitere Handlung von Bedeutung sind.
Im
folgendem werde ich auf einen Klassiker, der im Stil der Hollywood
Continuetie gedreht worden ist, eingehen. Er heißt „Gone with the
Wind“, übersetzt „Vom Winde verweht“ von Victor Fleming und
stammt aus dem Jahr 1939. Der Film handelt von der Southern Bell
Scarlette O`Hara, die sich während der Sezzesionskriege in eine
Romanze mit Rhett Butler beginnt. Trotz ihrer Heirat vergöttert sie
jedoch weiterhin Ashley Wilks, ihre Jugendliebe.
Was
sagt die erste Einstellung bzw. die erste Sequenz über die
Ausgangssituation der Protagonisten aus?
Betrachten
wir zunächst die Eröffnungssequenz der Spielfilmklassikers „Gone
with the Wind“. In ihr werden, vorbereitend auf die erste
Einstellung, die Prunkbauten der Südstaaten gezeigt, welche ein
Gefühl für die Lebensumstände der Protagonisten vermitteln sollen.
Weiterhin wird auch der Aspekt der Sklaverei thematisiert, in dem
beispielsweise Afroamerikanische Sklaven bei der Feldarbeit gezeigt
werden. Nach etwa 4 Minuten Filmzeit wird das Anwesen der Familie
O`hara in einer Totalen Einstellung gezeigt. Hier beginnt der Film.
Darauf
folgt eine Einstellung, die erste Charakterisierungen der Figur
Scarlett O’Hara (gespielt von Vivien Leigh) andeutet. Scarlett
sitzt auf der Veranda ( im Bildmittelpunkt) Ihres Südstaaten-
Anwesens und trägt ein hochgeschlossenes weißes, für diese Zeit
typisches Kleid. Sie lässt sich sofort als Southern Belle erkennen.
Des Weiteren wird sie von zwei männlichen Verehrern umgarnt. Mit
ihnen diskutiert sie ebenfalls über den drohenden Krieg
(Sezessionskrieg). Sie ist davon überzeugt, dass es keinen Krieg
geben wird. Dies lässt auf Ihre Naivität und Jugendlichkeit
schließen. Zu dem weiß sie ihre Reize gegenüber den zwei Verehrern
einzusetzen, und erpresst diese mit Ihrer Abwesenheit. Diese
Einstellung endet mit ihrer Bestürzung über die anstehende Hochzeit
des Mannes für den sie Gefühle hegt.
Aus
dieser ersten Einstellung lassen sich also nicht nur erste
Charakterisierungen entnehmen, vielmehr wird auch eine Vorgeschichte
erzählt. Im weiteren Verlauf wird klar, dass bereits in dieser
ersten Einstellung alle relevanten Informationen, die wichtig für
das verstehen der Handlung des Films sind erzählt worden sind. Somit
lässt sich hier auf eine deduktive Exposition schließen.
Narrative
Analyse
Nicht
jeder Hollywood Film besitzt einen klar zu definierenden Establishing
Shot. Insbesondere Filme der Postmoderne neigen eher zu einer
Anfangssequenz als zu einer einzelnen Einstellung Beispielhaft dafür
steht der Film „Lost in Translation“ von Sofia Coppola, aus dem
Jahr 2004. In diesem Film geht es um einen in die Jahre kommenden
Schauspieler, der einen Werbespot in Japan drehen soll, sowie um eine
Junge Philosophie Absolventin, die aufgrund der Arbeit ihres Mannes
mit Ihm nach Japan reist.
Das
Opening des Films zeigt die Junge Frau, namens Charlotte in
Unterwäsche auf dem Bett liegend, jedoch nur von Hinten und nur von
der Hüfte bis zu den Knien. In späteren Einstellungen zeigt sich,
dass Charlotte (gespielt von Scarlette Johanson) meist leicht
bekleidet im Hotelzimmer auf ihren Mann wartet und sich langweilt.
Dieses erste Bild soll die Erwartungshaltung beim Zuschauer wecken
und ihn neugierig auf die Folgenden Ereignisse machen.
Direkt
danach folgt eine Einstellung auf den Schauspieler Bob Harris
(gespielt von Bill Murry). Er erwacht in seinem Wagen in dem er vom
Flughafen (Durch die Sound-Ebene angedeutet) zu seinem Hotel gebracht
wird. Dabei erscheint ihm das nächtliche Tokyo wie eine Scheinwelt
voller Leuchtreklamen, in der er sogar sein Gesicht wiederfindet.
Im
Hotel angekommen wird er von, mit Geschenken überhäuft und
zugeschobenen Visitenkarten, in Empfang genommen. Zu dem erhält er
eine Nachricht von seiner Frau, die ihm mitteilt, dass er den
Geburtstag seines Sohnes vergessen hat.
Diese
Aneinanderreihung von Momenten charakterisieren signifikant seine
Person und seine derzeitigen Umstände bzw. seine Ausgangssituation.
Seine Karriere als Schauspieler muss er mit Werbespots aufrecht
erhalten. Seine Berühmtheit scheint ihm unwirklich vorzukommen und
zu seiner Familie verliert er zunehmend den Bezug. Zudem befindet er
sich in einer völlig fremden Umgebung, in der er sich sehr schwer
zurechtfindet.
Diese
Anfanssequenz soll dem Zuschauer wie beim Establishing Shot in „Vom
Winde verweht“ die Grundstimmung des Films näherbringen und erste
Umstände andeuten.
Im
weiteren Verlauf der Exposition werden die Missstände weiter
ausgeführt und die Erwartungshaltung des Zuschauers geweckt, bis es
schließlich zu dem Gespräch der beiden ungleichen Figuren kommt,
welche sich im Verlauf der Exposition immer wieder über den Weg
laufen. Dies stellt den Plot Point 1 dar, welcher auf den 2. Akt, die
Konfrontation, hinleitet. Der Film fährt dann mit der Entwicklung
der Beziehung zwischen den Protagonisten fort und erzählt im Laufe
der Geschichte mehr über die Hintergründe beider Akteure.
Anhand
des Beispiels „Lost and Translaton“ können wir sehen, wie der
Zuschauer auf Narrativer Ebene und auf Bildebene durch eine induktive
Exposition an eine Geschichte herangeführt wird. Induktive
Exposition, da allgemeine Informationen erst später gegeben sind.
Die
Relevanz der Exposition.
Die
Exposition im Film dient nicht nur dem Preisgeben
handlungsrelevanter Informationen. Sie zeichnet sich vielmehr durch
ihren Spannungsaufbau aus, der beim Zuschauer Interesse wecken soll.
Beispielsweise erfahren wir bei „Gone with the Wind“ direkt eine
Missgunst seitens Scarlette O`Haras gegenüber der bevorstehenden
Hochzeit von Ashley Wilks. Hierbei fragt sich der Zuschauer : Wie
wird sie damit umgehen?
In
Lost in Translation fragen wir uns auf Anhieb wer der Mann mittleren
Alter ist, der sich selbst im nächtlichen Tokyo auf einem
Werbeplakat begutachten kann. Nach und nach werden hier Informationen
offenbart. Dies versucht eine Erwartungshaltung beim Zuschauer
auszulösen, die es im weiteren Verlaufs des Films zu erfüllen gilt.
1Röscheisen,
Thilo ( DramaBlog.de) : Interview mit Syd Field, Jahr unbekannt,
2Field,
Syd (Autorenhaus Verlag GmbH Berlin) : Das Drehbuch, Grundlagen des
Drehbuchschreibens,2005, S. 306-309
3Hickethier,
Knut : Film und Fernsehanalyse, 2001, S. 124
4Autor
Unbekannt (Für die Bundeszentrale für politische Bildung,
Fachbereich Multimedia, verantwortlich: Thorsten Schilling, Katrin
Willmann,Für die Vision Kino GmbH – Netzwerk für Film- und
Medienkompetenz verantwortlich: Sarah Duve, Sabine Genz )
Filmsprachlisches Glossar, 2016
5Coppola,
Sofia (Focus Feature) : Lost in Translation, 2004
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